Wohin gehst du, Herr?

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Wohin gehst du, Herr?

# Pressemitteilung

Wohin gehst du, Herr?

Nachdem Jesus seinen Jüngern die Füße gewaschen, Judas den Kreis der Jünger verlassen und Jesus seinen Weggang angekündigt hatte, heißt es im Johannesevangelium (Joh 13, 36): Dicit ei Simon Petrus: „Domine, quo vadis?”. Respondit Iesus: „Quo vado, non potes me modo sequi, sequeris autem postea”. Nach der Einheitsübersetzung: Simon Petrus sagte zu ihm: „Herr, wohin gehst du?” Jesus antwortete: „Wohin ich gehe, dorthin kannst du mir jetzt nicht folgen. Du wirst mir aber später folgen.” Es ist einer der großen Auftritte des Simon Petrus, bei denen er sich selbst total überschätzt. Jesus nimmt Abschied und erklärt seinen Jüngern, welchen Weg er gehen wird. Und da kann Petrus in seinem Eifer für Jesus nicht anders, als ihm hoch und heilig zu versichern, ihn nicht zu verlassen und im schlimmsten Fall auch mit ihm in den Tod zu gehen. Doch an dieser Stelle verspricht ihm Jesus: Noch bevor der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Eine traurige Prophezeiung, die auch noch genauso in Erfüllung geht.

Auf diese schmerzliche Erfahrung des Petrus bezieht sich auch eine Erzählung in den apokryphen Petrusakten. Es ist eine Erzählung, die vermutlich bewusst Bezug auf den oben angeführten Dialog zwischen Jesus und Petrus nimmt und dabei den nachösterlichen Wandel aufzeigen möchte. Um genau diese Legende rankt sich auch der Roman „Quo Vadis“ des polnischen Schriftstellers Henryk Sienkiewicz sowie die darauf basierende Verfilmung aus dem Jahr 1951. Nach dieser Legende begegnete der Apostel Petrus auf seiner Flucht aus Rom um das Jahr 65 Christus und fragte ihn erneut „Domine, quo vadis?“, „Wohin gehst du, Herr?“ und erhielt zur Antwort: „Romam venio iterum crucifigi.“, auf Deutsch: „Nach Rom, um mich erneut kreuzigen zu lassen“. Jetzt braucht er keine leeren Versprechungen mehr zu machen. Petrus kehrte um, wurde in Rom gefangengenommen und gekreuzigt. Jetzt kann er sein vorösterliches Versprechen doch noch einlösen, weil er weiß, dass er es mit Christus tut, der vom Tod erstanden ist, und der ihn mit sich zur Auferstehung führt.

Petrus musste bzw. durfte die tiefe Wirklichkeit seines Versagens kennenlernen. Auf dem Weg seines Lebens begegnet er zuerst Jesus und spürt in allem, was dieser Mensch tut und sagt, dass die Welt und die Menschen, die auf ihr leben, Erlösung brauchen. Nachdem er sich selbst als Erlösungsbedürftigen kennengelernt hat, erfährt er in Christus, dem Auferstandenen, einen wahren Freund, der ihn liebt auch über die Grenze des Todes hinaus. Und weil er bei Jesus bleibt und nicht einen anderen Weg einschlägt, kann er umkehren und mit der Kraft des Heiligen Geistes von Pfingsten an selbst zu einem Christus (Christen) werden. So wird auch er als Mensch in den Händen Gottes zum Werkzeug der Erlösung der Menschen. Davon zeugt auch die erste christliche Gemeinde von Rom, an die er in einem Brief schreibt: „Ihn (Jesus Christus) habt ihr nicht gesehen, und dennoch liebt ihr ihn; ihr seht ihn auch jetzt nicht; aber ihr glaubt an ihn und jubelt in unsagbarer, von himmlischer Herrlichkeit verklärter Freude, da ihr das Ziel des Glaubens erreichen werdet, euer Heil.“ (1 Petr 1,8f)

Auch wir haben uns in diesem Jahr aufs Neue auf einen Weg des Wandels gemacht, der im Kleinen ein Ausdruck unseres ganzen christlichen Lebens ist. In der Fastenzeit konnten wir uns auf unsere eigene Wirklichkeit und die Notwendigkeit der Umkehr besinnen. Wir haben unser Versagen im Gebet und im Sakrament der Versöhnung zu ihm getragen und werden immer wieder neu aufgerichtet. Im Kreuzweg konnten wir die unendliche Liebe Jesu betrachten und erfahren, dass er die Grenzen unserer Lieblosigkeit sprengt. Durch das Fasten haben wir versucht, uns mit der Bereitschaft Christi zu verbinden, alles zu geben, wie er alles für uns eingesetzt hat. An Ostern endlich geschieht Auferstehung, hier werden wir zu Christen, Taufe geschieht und erneuert sich. Wir werden erlöst. Durch die Kraft des Heiligen Geistes können wir unsere Antwort geben auf die Freundschaft Christi und mit ihm zur Erlösung der Menschen wirken.

„Quo vadis, domine?“ – „Wohin gehst du, Herr?“ Vielleicht haben auch wir in diesen schwierigen Zeiten diese Frage an ihn gerichtet. Jesus ist in das tiefste Dunkel, die größte Verlassenheit der menschlichen Existenz hinabgestiegen. Gott ist gestorben, um durch seinen Tod den Tod zu besiegen: Triumph, der Tod ist überwunden! Mit ihm können wir zum Leben auferstehen. Oder haben wir vielleicht gefragt: „Quo vadimus, domine?“ – „Wohin gehen wir, Herr?“ Auf vielfältige Weise erleben wir in diesen Wochen und Monaten unsere menschliche Ohnmacht, die Verlassenheit und Einsamkeit. Wir sind verletzlich und beschränkt, nicht nur durch die pandemiebedingten Einschränkungen, sondern ganz einfach von unserem Menschsein her. Selbst wenn wir uns Großes und Gutes vornehmen, können wir immer wieder versagen. Wohin gehen wir? Mit dem diesjährigen Osterfest wünsche ich uns allen die Erfahrung und Gewissheit, dass der Herr uns begleitet hat und auch weiterhin begleiten wird. Er ist bei uns und antwortet: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ (Joh 14,6)

Christus ist auferstanden! Frohe Ostern!

Ihr Pfarrer Johannes Schaan

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