Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 13

Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 13

Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 13

# Jubiläum250

Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 13

Alte Akten im Stralsunder Stadtarchiv

Archivnotiz 1 - Katholisch sein ist nicht einfach!

Nicht erst im Zeitalter der Autos fühlten sich die Gottesdienstbesucher durch den Verkehr in der Frankenstraße gestört, wenn sie sich nach der Messe vor der Kirche trafen. Bereits im Dezember 1851 beschwert sich Pfarrer Jochmann bei der Königlichen Regierung über den Lärm, den die vorbeifahrenden Pferdewagen an den Sonn- und Feiertagen verursachen. Er bittet eine Verfügung zu erlassen, dass während des Gottesdienstes die Frankenstraße für den Verkehr gesperrt wird oder ihn über die Langenstraße umzuleiten, da die Gläubigen seiner Predigt nicht andächtig folgen könnten. Die Regierung weist darauf hin die Polizeidirektion an, schnellstens Maßnahmen zu treffen, und die ordnet Folgendes an: „Auf höhere Veranlassung wird hierdurch bei Strafe von einem Thales untersagt, in der Nähe von Kirchen während der Zeit von 9 bis 11 Uhr vormittags und 2 bis 3 Uhr nachmittags an Sonn - und Festtagen schneller als im Schritt durch die Straßen zu fahren, namentlich gilt dafür die Frankenstraße von der Priegnitz bis außerhalb des Franken Tores“. Stralsund, den 26sten März 1852, unterschrieben und gesiegelt Bürgermeister und Rat.

Archivnotiz 2

Die Nikolaikirche verfügt auch heute noch über eine große Anzahl wertvoller Altäre. Ein Altar fällt durch seine besondere Darstellung der Kreuzigung auf. Christus wird hier nicht durch römische Soldaten ans Kreuz geschlagen, sondern von den Tugenden. Hier wird zum Ausdruck gebracht, dass er um seiner Tugenden willen sterben musste. Dieses Kunstwerk entstand im 15.Jahrhundert wahrscheinlich in einem Kloster der Zisterzienser, die für diese mystische Darstellung bekannt waren.

Sie werden jetzt vermutlich fragen, was dieser Altar mit unserer Gemeinde zu tun hat. Nur so viel: Im Jahre 1863 stellt die katholische Gemeinde einen Antrag an den Rat um Überlassung dieses „ramponierten“ Altarschreines, da sich der Hauptaltar in Heilige Dreifaltigkeit in einem sehr desolaten Zustand befand. Weil der angeforderte Altar durch die Bilderstürmerei während der Reformation gelitten hatte, dachten sich Pfarrer Schnalke und der Kirchenvorstand, die Provisoren von St. Nikolai würden leichten Herzens auf ihn verzichten. Die Antwort der Provisoren war aber kurz und bündig: „ Nein nicht diesen und keinen anderen“.

Der Altar, übrigens von der Handwerkerzunft der Riemer und Beutler gestiftet, wurde 2000 restauriert und steht an seinem alten Platz in St. Nikolai. Dargestellt ist in der Mitte die Kreuzigung und auf den Seitenflügeln je ein Vertreter des AT und ein Mönch: Moses – Benedikt; Jeremias - Hieronymus; Jesaja - Antonius und David - Bernhard von Clairvaux. Mit Bernhard haben wir wieder einen Bezug zu unserer Pfarrei. Eine Besichtigung dieses wertvollen Kunstwerks lohnt sich also.

Archivnotiz 3

Als vor über 250 Jahren der katholische Scherenschleifer Elias Hekel aus Böhmen nach Pommern kam, lernte er die Jungfrau Anna Dorothea Meyer kennen und lieben. Da die beiden Liebenden in den Stand der Ehe treten wollten, musste Hekel, da seine Braut Lutheranerin war, ein Heiratsgesuch an den Rat richten. Er wurde vorgeladen und durch zwei Pastoren und ein Ratsmitglied kam es zu folgender Befragung: Ob er sich nicht zur lutherischen Religion bekennen wolle? Hekel antwortete: Nein! Man würde ihn zwar nicht dazu zwingen. Er sollte aber nachdenken, ob es nicht eine Fügung Gottes sei, dass er an einem lutherischen Ort gekommen sei, um sich hier niederzulassen. Und ob er auch fleißig in die Kirche gegangen sei? Er antwortete: Ja, in die Nikolaikirche.

Man fragt ihn weiter, ob er auf seine Seligkeit bedacht sei. Er würde wohl wissen, dass es mit seinen Sünden zeitliche und reuige Strafe verdient hätte, durch wessen Genugtuung er dann die Seligkeit zu erhalten gedächte? Hekel weiss darauf keine Antwort, beteuert aber, dass er an Gott Vater, Sohn und den Heiligen Geist glaube und zu Gott bete. Die Kommission versichert ihm, dass man ihn zu nichts zwinge, er solle nur fleißig beten und wenn er dann einen Trieb zur lutherischen Religion empfinde, wäre eine der Pastoren gerne bereit, ihn zu unterrichten. Die Herren wollten dann noch wissen, ob er seine Braut bekehren wolle. Dies verneint Hekel, muss aber darauf einen Eid leisten und versprechen, die Kinder im lutherischen Glauben zu erziehen. Der Braut hat man anschließend klar gemacht, dass sie sich durch die Heirat in eine große Gefahr begebe, denn diese Ehe sei eine große Versuchung.

Ich hoffe, die beiden Liebenden sind glücklich geworden und haben ein gottgefälliges Leben geführt.

Archivnotiz 4

Um den Seidenhandel zu betreiben, musste der Galanteriehändler Claus Ricquer Mitglied der Kramer Kompanie werden. Voraussetzung dafür war aber der Erwerb des Bürgerrechts. Nachdem bekannt wurde, dass Ricquer katholisch sei, verlangen die Alter-Leute der Kompanie, ihn der Bürgertafel zu streichen. Man wirft ihm vor, er habe sich das Bürgerrecht erschlichen, denn es sei Katholiken nicht erlaubt, dieses zu erwerben. Daraufhin klagt der Seidenhändler und weist auf Landessatzungen von 1663 und 1681 hin, in denen es Katholiken zwar verboten ist, ihre Religion öffentlich auszuüben, sie aber nicht vom Bürgerrecht auszuschließen. Auch im Osnabrücker Friedensschluss von 1648 wird den Katholiken Toleranz versprochen und Zutritt zu den Handelsgesellschaften. Die Alterleute ignorieren seine Argumente und sind nicht bereit nachzugeben. Erst ein Jahr später, so lange dauert der Prozess, entscheidet das Gericht so: Ricquer ist es erlaubt, gegen Zahlung eines sogenannten Schutzgeldes an die Kramer Kompanie zu handeln. Er muss sich aber zu Folgendem verpflichten: - sich jederzeit als ein gehorsamer Einwohner zu verhalten - nach der Verfassung und Gerichtsbarkeit, besonders in geistlichen und Ehesachen zu leben - keinen katholischen Geistlichen oder Ordensmann in die Stadt kommen zu lassen. Sollte dies doch geschehen, zahlt er eine Strafe und verliert seine Freiheiten - bei Eheschließung oder Taufe der Kinder sowie bei Beerdigungen muss dieses von einem evangelischen Prediger vollzogen werden, so geschehen im Jahre 1764, 11 Jahre vor Gründung unserer Missionsstation. Im Jahre 1761 stellt die Gewandschneiderkompanie ihren Saal der schwedischen Garnison für einen „päpstlichen Gottesdienst“ zur Verfügung.

In Gedenken an Frau Felicitas Knoppke; verstorben 2024
überarbeitet von Roland Steinfurth
Korrektur Wolfgang Vogt
Gemeinde Hl. Dreifaltigkeit Stralsund

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Katholische Kirchengemeinde Pfarrei St. Bernhard Stralsund/Rügen/Demmin • Frankenstr. 39 • 18439 Stralsund

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